Was ist eigentlich LegalTech und dürfen die das überhaupt? Diese beiden Fragen stellen wir Juristen uns derzeit wohl alle, wenn wir mit der Digitalisierung unseres Berufsbildes in Berührung kommen. Während die erste Frage sehr einfach anhand der vielen sinnvollen und gut durchdachten Anwendungen zu beantworten ist, die den LegalTech-Markt gerade erst in Schwung bringen, ist die zweite Frage zukünftig die wohl alles entscheidende.

Im ersten Teil der Reihe “Regulierung des LegalTech-Marktes” haben wir uns das hoffentlich wegbereitende Lexfox-Urteil des BGH angesehen. In diesem zweiten Teil betrachten wir die rechtlichen Voraussetzungen der Dokumentenautomatisierung durch LegalTech-Plattformen nach  deutschem Recht.

Dokumentenautomatiserung und Vertragsgeneratoren

Dokumente wie Verträge, Klagen und Gutachten werden derzeit meist schrittweise von mehreren Personen jedoch in Einzelarbeit erstellt und bearbeitet. Dabei nutzen  sowohl Referendare als auch Associates und Partner einer Kanzlei bestehende Vertragsformulare in Word-Dokumenten. Dies stellt wohl gemerkt den Bestfall der Digitalisierung juristischer Arbeitsweise dar. Selbst in diesem Fall ist es jedoch außerordentlich mühsam ein solches Pamphlet von Vertragsklauseln auf den Einzelfall zu individualisieren. Nicht zuletzt muss der Erstentwurf auch noch die gewünschte Form erhalten. Hier nutzen nur wenige Anwälte passende Formatvorlagen.

In Anbetracht dieser Umstände hatten gerissene LegalTech-Anbieter die Idee, diese Prozesse zu automatisieren. So sind sogenannte Vertragsgeneratoren entstanden. Diese führen den Anwender durch die Beantwortung von rechtlichen Fragen. Mithilfe der Antworten wird aus einer Datenbank eine individuelle Anzahl von Vertragsklauseln zusammengestellt und ein auf den Einzelfall angepasster, perfekt formatierter Vertragsentwurf erstellt.

Rechtsdienstleistung gemäß § 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)

Bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, ob das Anbieten eines Vertragsgenerators eine Rechtsdienstleistung im Sinne des RDG darstellt. Nach
der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 RDG ist Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Festzuhalten ist hier zunächst, dass die bloße Überlassung beziehungsweise Veröffentlichung von standardisierten Vertragsmustern nach allgemeiner Meinung keine Rechtsdienstleistung darstellt, da hiermit regelmäßig keine juristische Prüfung im Einzelfall verbunden ist (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2011, 119; Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl. 2015, § 2 Rn. 54; Krenzler, in: Krenzler, RDG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 43). Andererseits ist die (menschliche) Anfertigung von individualisierten Vertragsentwürfen ohne weiteres als Rechtsdienstleistung zu bewerten (vgl. BGH, NJW 1978, 322).

Vertragsgeneratoren gehen jedoch deutlich über die bloße Überlassung von Vertragsmustern hinaus, indem sie diese Vertragsmuster mithilfe des Anwenders automatisiert individualisieren. In Anbetracht dessen bleibt zu klären, ob 

a)    der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 RDG eine menschliche Tätigkeit erfordert,

b)    Vertragsgeneratoren eine Prüfung des konkreten Einzelfalls erbringen,

c)    Vertragsgeneratoren eine rechtliche Prüfung vornehmen.

Fazit

Ob und wie Vertragsgeneratoren und ähnliche Tools zur Automatisierung von rechtlichen Dokumenten vom RDG erfasst sind, wird letztlich durch den BGH oder eine Gesetzesnovelle zu entscheiden sein. Die Literatur ist hier wie immer gespaltener Meinung. Ein erstes Indiz könnte das SmartLaw-Urteil des LG Köln sein (dazu Teil 3).